Kollaboratives Lernen als pädagogischer Ansatz zur Unterrichtsgestaltung
Kollaborative Lernformen halten in immer mehr Schulen Einzug – und das zurecht. Als pädagogischer Ansatz kann kollaboratives Lernen neben der Stärkung der Klassengemeinschaft auch die persönliche Weiterentwicklung von Schüler:innen bewirken. Doch vor allem für den Weg einer inklusiven Schulentwicklung bewährt sich kollaboratives Lernen. Methoden zur Unterrichtsgestaltung erwarten dich in diesem Beitrag ebenso wie empfohlene Tools. 😉
Was ist kollaboratives Lernen?
Kollaboratives Lernen ist ein pädagogischer Ansatz, bei dem der gemeinsame Lernprozess im Zentrum steht.
In Gruppen von zwei oder mehreren Schüler:innen werden gemeinschaftlich Probleme gelöst oder Projekte erarbeitet. Dabei steht der gemeinsame Austausch als kommunikativer Prozess und das Handeln als Gruppe im Fokus. Sowohl der oder die Einzelne als auch die Gruppe übernimmt die Verantwortung für das gemeinsame Ergebnis. Alle sind dabei gleichberechtigt. Ziel ist es einen gemeinsamen Wissensstand aller Teammitglieder zu erreichen, dabei jedes Teammitglied für seine/ihre Fertigkeiten zu schätzen und einander zu motivieren.
Kollaborative Lernformen als bedeutungsvoller pädagogischer Ansatz
Die Fähigkeiten des gemeinschaftlichen Lernens und des Agierens als Team gehören zu den wichtigsten Kompetenzen, die Schüler:innen für ihren weiteren Entwicklungs- und Lernprozess in Studium und Arbeitswelt benötigen. Die Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung mit digitalen Tools, Kooperation und Kollaboration bieten eine wunderbare Begleitung hierfür. Lehrkräfte können dadurch kollaboratives Lernen in der Klassengemeinschaft fördern und die Eigenverantwortung im Lernprozess stärken.
Damit verbunden warten aber auch neue Herausforderungen für Pädagog:innen. Wie bspw. die Frage der Bewertung von kollaborativen Arbeiten und der Gestaltung einer neuen Prüfungskultur, wenn Einzelleistungen nicht mehr im Fokus stehen. Diesen und weiteren Themen widmet sich unser Buchtipp „Upgrade: Kollaboratives Lernen“ von Björn Nölte, indem kollaboratives Lernen von mehreren Seiten beleuchtet und Anregungen zur Unterrichtsgestaltung mittels kollaborativer Lernformen geteilt werden.
Für das kollaborative Arbeiten im Kollegium gibt es ebenfalls digitale Unterstützung. Die Web-App SPLINT ermöglicht beispielsweise die kollaborative Ermittlung von Unterstützungsbedarf, die gemeinsame Verwaltung von Schüler:innenprofilen, sowie die Begleitung individueller Förder- und Entwicklungspläne. Erfahre hier mehr dazu.
Kollaboratives Lernen: Methoden zur Unterrichtsgestaltung
Kollaborative Lernformen können sowohl für die analoge als auch die digitale Unterrichtsgestaltung genutzt werden. Während kollaboratives Lernen ohne digitale Tools oft in Zettelsammlungen mit unübersichtlichen Notizen, Markierungen und Handschriften endet, bieten sich zahlreiche digitale Tools für mehr Struktur, Flexibilität und Effizienz an. Zudem fördert es die Teilhabe aller in einer inklusiven Klassengemeinschaft.
Einsatzmöglichkeiten für kollaborative Lernformen
1. für Projekte mit zeitlicher Begrenzung
Ziele:
- schnell gemeinsam Ideen und Impulse sammeln und strukturieren
- eine Präsentation im Team vorbereiten
- Ergebnisse von gemeinsamer Recherche sammeln
Empfohlene Tools:
- Mindmaps, Grafik- und Zeichendienste, z.B. miro, ziteboard, sketchboard, whiteboard.fi
- Lesezeichensammlung oder Abstimmungswerkzeuge, z.B. Trello, Google Forms
- Texterfassung, z.B. EtherPads, Google Docs
- Präsentationsgestaltung, z.B. canva, web-blog, Padlet
2. für langfristige Projekte bzw. ohne zeitliche Begrenzung
Ziele:
- kontinuierlich Projekte und Prozesse begleiten
- für alle Projektbeteiligten zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit sicherstellen
- Entwicklungsschritte, Erfahrungen und Ergebnisse dokumentieren und Resultate evaluieren
Empfohlene Tools:
- private Blogs und Wikis
- Padlet, EtherPads
- Online-Office-Anwendungen
- Anwendungen, die komplexe Aufgaben übersichtlich strukturieren und priorisieren, z.B. Trello, Asana
3. zur Dokumentation von Projekten oder öffentlicher Begleitung
Ziele:
- nach Fertigstellung eines Projektes und Erfüllung aller Voraussetzungen für eine Veröffentlichung wird die Präsentation für ein externes Publikum vorbereitet, z.B. für Partnerklasse, Austauschschüler:innen, Eltern, Zeitzeugen, anderen Interessentengruppen
- Selbstreflexion und Auseinandersetzung mit externen Impulsen steht im Vordergrund
- “lebendige” Dokumentation ermöglicht einen realitätsnahen Abschluss, ebnet den Weg für neue Projekte und dient der Referenz
Empfohlene Tools:
- öffentliche Blogs, Wikis
- Audio- Video oder Podcastplattformen
- öffentlichte Präsentationsdienste
Welchen Vorraussetzungen bedarf kollaboratives Lernen?
Neben der Auswahl der Tools zur Unterrichtsgestaltung sind weitere Überlegungen für den Einsatz kollaborativer Lernformen sinnvoll:
1. Lern-Infrastruktur
- Sind ausreichend Zugangsgeräte vorhanden? Maximal 2 Schüler:innen sollten sich ein Gerät teilen. Wenn eine individuelle Zuordnung notwendig ist, sollte jede:r Schüler:in ein eigenes Gerät zur Verfüfung haben.
- Ist die Teilhabe aller Schüler:innen gewährleistet oder sind weitere (digitale) Hilfsmittel notwendig?
- Sind alle Geräte technisch auf dem selben Stand und entsprechen die Geräte den Systemanforderungen des gewählten digitalen Tools zur Projektarbeit?
- Wissen alle Schüler:innen wie sie das gewählte Programm / Tool nutzen können oder bedarf es einer Einweisung oder weiteren Erklärungen?
- Gibt es weitere Voraussetzungen zur Nutzung eines Tools, wie bspw. Browser-Plugins (z.B. Flash, Silverlight)?
- Ist eine stabile Internetverbindung mit genügend Bandbreite und Geschwindigkeit vorhanden?
- Wer ist der/die Administrator:in?
2. Datenschutz
- Welche Daten überträgt das ausgewählte Programm?
- Werden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen deines Bundeslandes eingehalten? Das ist wichtig für personenbezogene Daten wie Namen, Geburtsdaten etc. Hinweise dazu finden Pädagog:innen bei den Schulverwaltungsbehörden und Datenschutzbeauftragt:innen der Länder.
3. Registrierung
- Ist eine Registrierung zur Nutzung des ausgewählten Programms notwendig? Sind die Registrierungsbedingungen im Einklang mit den Datenschutz- und Nutzungsbedingungen der Schule und des Bundeslandes?
- Genügt ein Benutzerkonto für alle, oder muss sich jede:r Schüler:in individuell registrieren?
- Wer übernimmt die Registrierung? Die Lehrkraft oder die Schüler:innen?
- Gibt es einheitliche Passwörter für die Registrierung, sodass z.B. bei Verlust schnell Hilfe abrufbar ist
4. Regeln für die Zusammenarbeit
- Wird den Schüler:innen die gesamte oder nur ein Teil der Verantwortung für das Erstellen und Veröffentlichen der Inhalte übertragen?
- Wer übernimmt wann wichtige Schritte im Arbeitsprozess?
- Welche Dinge sind zu unterlassen?
- Was sollte alles gespeichert werden? Nur das Endergebnis oder auch einzelne Meilensteine im Prozess?
- Welche Kommunikationsformen stehen den Schüler:innen zur Verfügung?
- Gibt es Regeln für den Austausch, wenn Schüler:innen nicht vom Lernort Schule aus am Projekt arbeiten?
- Wie werden Entscheidungen in der Gruppe getroffen und dokumentiert?
- Wie wird sichergestellt, dass alle Schüler:innen an den Prozessen beteiligt sind und sich einbringen können?
- Gibt es zusätzliche Aufgaben oder ergänzende Hilfestellungen, damit alle Schüler:innen ihrem Tempo entsprechend arbeiten können, Frust verhindert wird und die Motivation erhalten bleibt?
- Wie kann ein Peer-Review-Konzept aussehen, um sich gegenseitig zu überprüfen und eine faire, rücksichtsvolle Auseinandersetzung mit den Inhalten zu ermöglichen?
Checkliste – Voraussetzungen für kollaboratives Lernen
Diese Fragen haben wir hier in einer Checkliste zusammengefasst. Du kannst sie einfach herunterladen, ausdrucken, oder weiterleiten. Klicke dafür einfach auf das Bild.